46. Woche: „Mir geschehe“ - „Es ist, was es ist“, Lk 1,38 - Hinführung zur Meditation

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46. Woche: „Mir geschehe“ - „Es ist, was es ist“, Lk 1,38

Von Woche zu Woche


Manchmal wird es einem auch Menschen gegeben, ein Schicksal mit allen Konsequenzen zu erleiden und zugleich anzunehmen. Von Maria wird erzählt, daß sie dem Engel, der ihr die Geburt Christi ankündigt, antwortet: „Mir geschehe, wie du gesagt hast"*.
„Mir geschehe", darin drückt sie aus, daß sie bereit ist,  ihr Schicksal zu erleiden, was auch auf sie zukommen mag. Für manche Leser mag das zu passiv erscheinen. Es erinnert sie an erdulden und hinnehmen.
„Mir geschehe", darin drückt sich aber auch Aktivität aus: Sie ist bereit, ihr Geschick mutig anzunehmen, es zu gestalten und das daraus zu machen, was ihr möglich sein wird.
„Mir geschehe", darin sind Passivität und Aktivität, Erleiden und Handeln  zu einer Einheit zusammengefaßt.
Manchmal wird es uns – erstaunlicher Weise - gegeben, das Unannehmbare zu erleiden und zugleich tapfer anzunehmen. Ich erinnere mich noch sehr deutlich an einen Menschen, der durch wiederholte schwere Erkrankungen jeden Mut verloren hatte. Damals sagte ihm ein Meditationslehrer: Die Krankheit ist jetzt Ihre Meditationsübung! Und dann erinnerte er ihn an eine Zeile aus einem Gedicht von Erich Fried „Es ist, was es ist, sagt die Liebe".
Es hat einige Zeit gedauert. Aber als er diese Worte zu seinen eigenen Worten gemacht hatte, da wurde etwas anders: Krankheit und Mutlosigkeit verloren ihre Macht. Er setzte seine Kraft nicht mehr ein, um gegen das, was unausweichlich war, anzugehen. Und so gewann er die Kraft und auch den Mut mit der Krankheit zu leben - und er fand die Kraft zur Gesundung. Es lohnt sich, das Gedicht von Erich Fried zu bedenken
**:

  „Es ist Unsinn sagt die Vernunft.

 Es ist was es ist, sagt die Liebe.
 Es ist Unglück sagt die Berechnung.
 Es ist nichts als Schmerz sagt die Angst.
 Es ist aussichtslos sagt die Einsicht.
 Es ist was es ist, sagt die Liebe.
 Es ist lächerlich sagt der Stolz.
 Es ist leichtsinnig sagt die Vorsicht.
 Es ist unmöglich sagt die Erfahrung.
 Es ist, was es ist, sagt die Liebe"
     

Betrachtung:

Handeln und Erleiden, Aktivität und Passivität sind keine Gegensätze, sondern gehören zusammen wie die zwei Seiten einer Münze.

Gebet:

Mein Gott,
mein Leben, was ist es?
Muß ich mein Leben erleiden, hinnehmen und erdulden?
Kann ich mein Leben gestalten
in Freiheit und aus eigener Kraft?
Oder ist mein Leben beides:
Erleiden und Gestalten?
Hinnehmen und Tätigsein?
Mein Gott,
keine Erfahrung mache ich ohne Dich.
Lehre mich, mein Gott,
anzunehmen, was mir bestimmt ist.
Lehre mich,
daß immer und überall
Deine Liebe mich leitet.
Lehre mich,
daß ich gestalte, was Du mir schickst.
Amen.

Im Schweigen:

Mir geschehe.
Oder: Jehoschua.
Oder: Maranatha.


__________________________


*) Mt 1,38.
**) Erich Fried, „Es ist was es ist. Liebesgedichte. Angstgedichte. Zorngedichte", Berlin.


 
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