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Vielfältig sind die Gotteserfahrungen der Menschen. Vielfältig ist auch die Art und Weise, in der und durch die sie dem Göttlichen begegnen.
Manchmal ist es ein Wort, ein Gedanke oder Satz aus der Bibel, aus einem Gedicht oder einem Lied, der einen Menschen so anrührt, daß sein ganzes Leben dadurch geprägt wird: Plötzlich fühlt er sich angesprochen bis in die Tiefe seines Wesens. Manche erleben ähnliches auch in einem Gespräch: Vorher waren sie traurig oder bekümmert, aber nach dem Gespräch sind sie erfüllt von einer großen, sie ganz und gar ausfüllenden Ruhe. Wieder andere machen die Erfahrung, daß sie geführt werden. Sie fühlen sich an die Hand genommen und geleitet. Manchmal entsteht dadurch ein tiefes Vertrauen trotz aller Ungewißheiten und Unsicherheiten unseres Lebens.
Auch in ihren Träumen machen manche Menschen Gotteserfahrungen: Sie entdecken in sich Bilder, die auf etwas sehr Kostbares hinweisen oder auf eine unzerstörbare, tragende Mitte. Manche erfahren durch ihre Träume, daß sie einen Begleiter oder Seelenführer haben, einen Engel. Gotteserfahrung kann sich darin ereignen, daß ein Mensch die Kraft in sich entdeckt, mit Schwierigkeiten und Traurigkeiten fertig zu werden, sie zu tragen und auszuhalten. Manche finden plötzlich den Mut hinzusehen, auch auf die eigenen Dunkelheiten. Andere sind überwältigt von der Erfahrung, daß sie geliebt werden trotz ihrer Fehler und Schwächen.
Freude aber auch Schmerzen können zur Gotteserfahrung werden, ein überwältigendes Glück, ebenso wie ein herzzerreißenden Unglück.
Und wenn ein Mensch keine Gotteserfahrungen macht? Es könnte sein, daß Gott so leise ist, daß wir ihn nicht wahrnehmen. Vom Propheten Elia wird erzählt, daß Gott ihm in der Stimme eines verschwebenden Schweigens* begegnet, also ganz am Rande des Wahrnehmbaren.
Vielleicht gehören wir aber auch zu einer Generation, der es bestimmt ist, Gott im Nichterfahren zu erfahren. Vielleicht ist es unsere Gotteserfahrung, daß wir uns nach Gott sehnen müssen, ihn suchen müssen, daß wir ihn entbehren müssen. Vielleicht ist die Gottesentbehrung unsere heutige Gotteserfahrung.
Betrachtung:
Meine persönliche Gotteserfahrung, Gottesbegegnung?
Gebet:
Mein Gott,
Du,
der durch nichts begriffen werden kann,
Du ergreifst uns auf vielfältige Weise.
Manchmal bist Du eine kaum zu ertragenden Fülle,
und manchmal eine Leere, die doch Fülle ist.
Du bist Dunkelheit, die voller Licht ist,
und Du bist ein dunkles, unsichtbares Licht.
Mein Gott,
Du,
der Du voller Liebe bist,
Du kommst zu uns auch im Dunklen,
auch in den Finsternissen und Traurigkeiten unseres Lebens.
Manchmal erfahre ich Dich im Lachen und manchmal im Weinen,
in der Freude, aber auch im Schmerz.
Mein Gott,
und wenn ich Dich nicht erfahre,
so laß mich nicht aufhören,
Dich zu suchen, nach Dir zu fragen.
Laß mich nicht aufhören,
mich nach Dir zu sehnen. Amen
Im Schweigen:
Weise mir, Herr, Deinen Weg.
Oder: Jehoschua.
Oder: Maranatha.
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*) Vgl. 1.Kö 19, 11-13.