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Wenn ich regelmäßig über eine lange Zeit hin meditiere, dann taucht manchmal die Frage auf: Was will oder was kann ich mit meiner Meditation verändern? Hat sich überhaupt etwas in meinem Leben geändert? Was kann ich mit meinem Meditieren erreichen?
Solche und ähnliche Fragen können zu so großen Zweifeln und Anfechtungen führen, daß manche Menschen ihre Meditation aufgeben.
Vor allem entstehen solche Zweifel dann, wenn ich keine Fortschritte bei mir entdecke und bei mir denke: Du könntest auch etwas Sinnvolleres tun! Solche Zweifel kommen vor allem auch dann über mich, wenn ich mich mit anderen vergleiche, die von beglückenden Meditationserfahrungen berichten.
Ich bin davon überzeugt, daß sich immer etwas verändert, wenn ein Mensch seinen Tag mit einer Zeit der Sammlung und Stille beginnt oder beendet, statt sein Leben ohne jede Pause, gewissermaßen ohne Punkt und Komma, zu leben.
Manche erfahren innere Veränderungen in ihrem Leben als plötzliche und überraschende Erfahrungen; bei anderen vollziehen sich Veränderungen kaum bemerkbar in einem langsamen, jahrelangen und sogar lebenslangen Prozeß.
In Zeiten, in denen ich an meiner Meditation zweifle, ist es wichtig, daß ich mir sage: Ich muß nichts mit meiner Meditation erreichen! Ich meditiere, weil ich meditiere. Ich sitze auf meinem Stuhl, auf meinem Bänkchen oder meinem Kissen, weil ich sitze – ohne jede Absicht und ohne einen bestimmten Zweck zu verfolgen. Natürlich ist in mir die Sehnsucht oder der Wunsch in meinem Menschsein zu wachsen, Gott oder Christus zu erfahren – oder wie immer ich das ausdrücken will.
Aber ich würde mein Meditieren schon im Ansatz verderben, wenn ich damit etwas erreichen, gewissermaßen erzwingen wollte. Innere Entwicklungen kann ich nur geschehen lassen; ich kann bereit sein für sie, aber erzwingen kann ich sie nicht. Sie vollziehen sich von selbst.
Ich denke dabei an die Zeilen von Angelus Silesius: „Die Rose ist ohne Warum, sie blühet weil sie blüht, sie acht’ nicht ihrer selbst, fragt nicht ob man sie sieht"*.
Betrachtung:
„Die Rose ist ohne Warum, sie blühet weil die blüht, sie acht’ nicht
ihrer selbst, fragt nicht, ob man sie sieht".
Gebet:
Du weißt, mein Gott,
wie sehr ich etwas erreichen möchte,
daß ich vorankommen möchte in meinem Christsein,
in meinem Menschsein.
Aber ich sehe so gar keinen Fortschritt,
es ist, als wenn ich auf der Stelle trete.
Und je mehr ich mich anstrenge,
um so weniger scheint sich bei mir zu bewegen.
Mein Gott,
was kann ich tun?
Ich bin da, in Deiner Gegenwart.
So wie eine Blume sich der Sonne aussetzt
und anfängt zu blühen,
so bin ich da, in Deiner Gegenwart –
und Du wirst in mir wirken,
Du läßt mich wachsen,
auch wenn ich es nicht wahrnehme. Amen
Im Schweigen:
Du bist da – ich bin da.
Oder: Jehoschua.
Oder: Maranatha.
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*) Angelus Silesius, Cherubinischer Wandersmann, Johannes Verlag Einsiedeln, 1980, S.83.