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Weil die Erfüllung unserer Meditation nicht an unser Können oder Wollen gebunden ist, darum steht sie auch nicht im Widerspruch zum christlichen Glauben – oder wie ich lieber sage – zum Vertrauen der Christen.
Im Gegenteil, Meditation ist der Vollzug dessen, was wir „Glaube" oder „glauben" nennen.
In meiner Meditation bin ich vor Gott da, ohne irgend etwas als mein Vertrauen. Wenn ich meditiere, dann stehe ich vor Gott mit leeren Händen, ohne kluge Gedanken und ohne geistreiche Überlegungen und warte darauf, daß etwas geschieht. Wenn ich meditiere, dann habe ich nichts vorzuweisen als mein Vertrauen. Mit meiner Meditation will ich auch nichts leisten, keine gute Tat vollbringen, sondern ich bin da. Der deutsche Mystiker Tauler sagt: „Die Natur (d.h. der Mensch) besäße, wüßte und wollte gerne etwas; und es kommt die Natur hart an, dieses dreifach ‚etwas’ in ihr sterben zu lassen"*.
In der Meditation wird Glaube, wird Vertrauen verwirklicht. Meditation ist Glaube im Vollzug.
Manche sind auch voller Bedenken gegenüber der Meditation, weil es in ihr um Erfahrung gehe im Gegensatz zum reinen Vertrauen des Glaubens. Aber auch Glaube, auch Vertrauen auf Gott oder auf Christus ist eine Erfahrung. Wenn ich durch ein Wort Gottes oder durch ein Gleichnis Christi getröstet werde, dann ist das eine Erfahrung, die sich körperlich, geistig oder seelisch auswirkt. Wenn mich Worte der Schrift so berühren, daß ich mein Leben verändere, daß ich wieder Mut fasse oder mich einem Menschen in seiner Not zuwende, dann ist das auch Erfahrung. Ob mich eine Predigt anspricht, ob ich durch mein Gebet ruhig werde, ob ein Choral mich beflügelt, ob der Zuspruch eines Christen mir hilft – immer geht es um Erfahrung.
Und selbst wenn ich nicht glauben kann, wenn mich Zweifel quälen und ständig verfolgen, dann sind auch das ganz tiefe Erfahrungen. Und wenn ich mich gedanklich mit den Fragen des Gottesglaubens auseinandersetze, dann ist auch das eine Erfahrung.
Meditation und Gottvertrauen haben gemeinsam, daß sie Erfahrung sind – und daß sich beide ganz auf Gott angewiesen wissen.
Betrachtung:
In der Meditation wird Glaube, wird Vertrauen verwirklicht. Meditation ist Glaube im Vollzug.
Gebet:
Mein Gott,
Dir überlasse ich mich
ganz und gar.
Auf Dich
warte ich.
Dich lasse ich wirken.
Unendlich vielfältig
kannst Du mich anrühren:
Manchmal
freue ich mich über Dich.
Manchmal
erfahre ich Deinen Trost.
Manchmal
spüre ich, daß Du mir Mut machst.
Manchmal rüttelst Du mich auf.
Manchmal
entbehre und vermisse ich Dich.
Manchmal
höre ich nur Dein Schweigen.
Und doch
bist Du ganz nah. Amen.
Im Schweigen:
Dich erfahren.
Oder: Jehoschua.
Oder: Maranatha.
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*) Johannes Tauler, Predigten II, S.514, Einsiedeln 1987.