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Meditation ist ein Weg nach Innen; zu ihm gehört die Frage „Wer bin ich?" Bin ich das, was die Menschen in mir sehen? Oder bin ich das, was ich von mir selber weiß? Entscheiden meine Leistungen und Erfolge über meine Bedeutung? Oder wiegen meine Fehler und Versäumnisse schwerer? Und was bin ich, wer bin ich noch, wenn ich nichts mehr leisten kann? Wenn ich krank oder alt werde?
Bin ich gut oder böse? Bin ich Christ oder Christin, gläubig oder ungläubig? Bin ich wesentlich geprägt durch meine Familie oder durch meine Erziehung? Oder bin ich geprägt durch das Land, in dem ich geboren wurde und aufgewachsen bin? Bin ich liebevoll oder gemein, tapfer oder feige, freigiebig oder geizig? Bin ich dieses oder jenes? Oder bin ich das alles zusammen? Bin ich von allem ein bißchen? Wer bin ich?
Ich glaube, daß das alles und vieles mehr seine Bedeutung hat und in uns lebendig ist, wenn es um die Frage geht: „Wer bin ich?" Aber wer bin ich in meinem tiefsten Wesen?
Auch in unserer Meditation geht es immer darum, wer ich bin. Ein indischer Meditationslehrer ließ deshalb seine Schüler und Schülerinnen nur mit der Frage meditieren „Wer bin ich?". Andere werden eine Antwort finden, wenn sie meditieren : „Dein bin ich!" Und für manche wird es gut sein zu meditieren: „Ich bin ich". So wird unser Meditieren zu einem Weg nach Innen, zu einem Weg zu uns selbst.
Wenn ich über die Frage meditiere: „Wer bin ich?", dann komme ich sehr wahrscheinlich in die Versuchung, eine gedankliche Antwort zu finden: Ich bin der Sohn, die Tochter meiner Eltern; ich bin ein Kind unserer Zeit; ich bin ein Angehöriger meines Volkes; ich bin ein denkendes Wesen; ich bin ein Mensch, ein Arbeiter, ein Christ, eine Christin usw.
Auf dieses Weise versuche ich zu denken und zu überlegen bis ich an die Grenzen meines Denkens stoße. Ich werde versuchen, alle möglichen Antworten zu finden, aber dann alle gefundenen Antworten wieder fallen lassen – denn keine Antwort wird mir letztlich sagen, wer oder was ich im tiefsten Grund meines Wesens bin.
Und dann wiederhole ich immer neu und immer wieder diese Frage: „wer bin ich?" – bis mir eines Tages eine Antwort gegeben wird, eine Antwort jenseits von Denken und Wissen, vielleicht ähnlich der Erkenntnis des Beters, der bekennt, daß der Mensch der ist, den Gott beachtet.*
Betrachtung:
Wer bin ich?
Gebet:
Wer bin ich?
Mein Gott.
Bin ich das, was die Menschen von mir sagen?
Oder bin ich das, was ich von mir selber weiß?
Bin ich gut oder böse?
Liebevoll oder gemein?
Bin ich gläubig oder bin ich ein Zweifler?
Bin ich Mensch oder ein Lebewesen unter anderen Lebewesen?
Manchmal bin ich dieses oder jenes.
Manchmal bin ich tapfer und manchmal auch feige.
In manchen Augenblicken bin ich voller Vertrauen,
aber dann plagen mich wieder Zweifel und Bedenken.
An manchen Tagen bin ich selbstsicher,
aber an anderen voller Unsicherheit.
Und dann wieder bin ich beides zugleich:
Ich bin gut und böse,
tapfer und feige,
Gläubiger und Zweifler.
Es gibt nichts, was ich nicht auch sein könnte!
Wer bin ich?
Mein Gott.
Wer ich auch bin und
was ich auch bin:
Dein bin ich, mein Gott. Amen.
Im Schweigen:
Wer bin ich?
Oder: Jehoschua.
Oder: Maranatha.
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*) Ps 144,3.