35. Woche: Gott ist gegenwärtig – sehend werden - Hinführung zur Meditation

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35. Woche: Gott ist gegenwärtig – sehend werden

Von Woche zu Woche


Mit dem Bekenntnis „Gott ist gegenwärtig" beginnt Tersteegen* einen seiner bekanntesten Choräle.**
Gott ist gegenwärtig, das empfinde ich als eine erstaunliche Aussage. Denn in unseren Gottesdiensten beten wir immer wieder: Komm zu uns, Herr! oder auch: Sei uns nahe Gott! oder: Bleibe bei uns, Herr!
Wir beten so, als sei Gott nicht immer da oder als wenn er von uns gehen könnte. Tersteegen aber singt: Gott ist gegenwärtig, d.h. er ist da, er ist über uns, um uns, neben uns, unter uns, zwischen uns und auch in uns.
Gott ist gegenwärtig, das ist das vertrauensvolle Bekenntnis, daß wir niemals, an keinem Ort und in keinem Augenblick ohne Gott sind.
Die Frage ist nicht ob Gott da ist, sondern ob wir so blind sind, wie hinter Mauern lebend, daß wir die Gegenwart Gottes nicht wahrnehmen. Unsere Augen sind blind, aber auch unsere Gedanken, unser Herz, unsere Gefühle und unser ganzes Wesen sind so, daß wir Gott nicht wahrnehmen.
Wir brauchen nicht so sehr darum zu beten, daß Gott zu uns kommen möge! Wir müßten viel eher darum beten, daß unsere Blindheit, unsere Verschlossenheit für Gott, unsere geistige und seelische Erstarrung von uns genommen werden, denn Gott  i s t  gegenwärtig.
Und wenn ein Mensch plötzlich Gott wahrnimmt, Gott entdeckt in jedem Ding, in jedem Augenblick und an jedem Ort, dann ereignet sich Erlösung, Erlösung als Befreiung von der Blindheit für Gott. Andere nennen es Erleuchtung.
Hier wird deutlich, was das Ziel aller Meditation ist: Daß wir „sehend" werden für das letzte, uns immer umgebende, für das immer gegenwärtige Geheimnis allen Seins und Lebens - ob wir es nun Gott nennen oder ihm einen anderen Namen geben.
Vielleicht ahnen wir jetzt auch, warum in der Meditation das Lassen aller Gedanken, aller Dinge, aller Wünsche und Vorstellungen, aller Gefühle und Erwartungen so wichtig ist: Weil sie uns so oft im Weg stehen, weil sie uns blind machen für die Gegenwart Gottes; denn Gott ist nicht so da, wie wir es uns denken, wünschen, vorstellen oder erwarten.
Aber jenseits aller unserer Gedanken und Vorstellungen gilt:„Gott ist gegenwärtig, lasset uns anbeten!"



Betrachtung:

Gott ist gegenwärtig  in allen Dingen und zu allen Zeiten,
auch in unserer und meiner Zeit.


Gebet:

Du, Gott,
bist gegenwärtig,
auch wenn ich nichts davon sehe oder spüre.
Du bist da,
im Licht und im Dunkel.
Du bist bei mir,
auf der Höhe meines Lebens, aber auch in den Tiefen.
Du bist um mich,
auch wenn so unendlich viel anderes um mich herum geschieht.
Du bist die Mitte,
die alles zusammenhält.
Du bist die Kraft,
die alles leben und bestehen läßt.
Du bist der Anfang  und das Ende.
Du bist da,
im Lachen und im Weinen, im Blühen und im Verwelken.
Du bist gegenwärtig,
auch in meinem Leben,
auch in unserer Zeit,
auch in mir.
Du, Gott, bist gegenwärtig. Amen

Im Schweigen:

Gott ist gegenwärtig.
Oder: Jehoschua.
Oder: Maranatha.

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*) 1697-1769.
**) Evangelisches Gesangbuch Nr, 165, Strophe1.

 
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