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Im regelmäßigen Üben des Schweigens und des Loslassens können wir beides erfahren: Eine große Leere und eine große Fülle. Anders gesagt: Wir erfahren eine Leere, die zugleich Fülle ist. Andere erfahren eine tiefe Dunkelheit, die zugleich Licht ist, anders und heller als jede Sonne. Christen haben zu allen Zeiten diese Fülle und dieses Licht Gott genannt. Aber was ist Gott? Wo ist Er? Und wie ist Er?
Mir hilft immer wieder eine alte Fabel: „Die Fische eines Flusses sprachen zueinander: Es gibt Leute, die sagen, unser Leben hänge vom Wasser ab. Aber was ist Wasser? Wir haben niemals Wasser gesehen. Da sprachen einige, die klüger waren als die anderen: Wir haben gehört, im Meer draußen lebe ein gelehrter Fisch, der alle Dinge weiß. Wir wollen zu ihm gehen und ihn bitten, uns das Wasser zu zeigen. Da machten sich einige auf und suchten das Meer: Sie fanden endlich auch den Fisch und erzählten ihm, daß sie das Wasser suchten. Der alte Fisch hörte sie an und sagte: Wie soll ich euch das Wasser zeigen? Ihr bewegt euch darin. Ihr lebt darin. Aus dem Wasser kommt ihr, im Wasser endet euer Leben. Ihr lebt im Wasser und wißt es nicht. Alles, was euch umgibt ist Wasser."*
Ob es nicht mit Gott ähnlich ist? Wir leben und sind in Gott wie die Fische im Wasser – auch wenn wir es nicht wissen, nicht glauben oder nichts davon spüren. Gott umgibt uns und durchdringt uns. Aus Gott kommen wir, und in Gott gehen wir auf, wenn unser Leben endet. Alles ist in Gott. Nichts ist ohne Gott, kein Glück und kein Unglück, kein Schicksal, kein Leben und kein Sterben, kein Licht und keine Dunkelheit. Nichts, was wir tun oder denken, ist ohne Gott. Und auch diese Gedanken lesen und denken wir in Gott.
Wir müssen uns also nicht vorstellen, daß Gott irgendwo oben oder unten sei, in der Höhe oder in der Tiefe. Gott ist wie ein „Raum" in dem wir immer sind.
Der Apostel Paulus sagt es in der Apostelgeschichte so: „Er ist nicht ferne einem jeden unter uns. Denn in ihm leben wir, bewegen wir uns und sind wir".**
Wir sind in Gott, wer wir auch sind und wo wir sind. Und ein Dichter unser Zeit bekennt: „Wir sind von Gott umgeben auch hier in Raum und Zeit und werden in ihm leben und sein in Ewigkeit".***
Betrachtung:
Wir sind „in Gott", wer wir auch sind und wo wir sind.
Gebet:
Du,
den ich nicht fassen und nicht begreifen kann,
Du,
der Du so unendlich ferne zu sein scheinst.
Du,
über den so viele sich streiten und den doch keiner kennt.
Du!
Du bist da.
Und ich bin in Dir.
Du umgibst mich,
Du durchströmst mich,
Dich atme ich ein aus,
wie die Luft, die mich umgibt.
Ich bin in Dir,
wie der Fisch im Wasser ist.
Ich bin in Dir,
im Glück und im Unglück,
im Leben und im Sterben,
in dieser Zeit und in Ewigkeit. Amen
Im Schweigen:
Du in mir, ich in Dir.****
Oder: Jehoschua.
Oder: Maranatha.
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*) Jörg Zink, Am Ufer der Stille, Kreuz Verlag 1986, S. 38f.
**) Apg. 17,27-28 (zitiert nach der Jerusalemer Bibel, Herder 1968).
***) Arno Pötzsch.
****) Vgl. Evangelisches Gesangbuch Nr.165, Strophe 5.